Inszenierung der Schülerbühne · 2016
TRIANGULUM. Ein Dreieck Europäischer Kulturhauptstädte: Pilsen (2015). Breslau (2016) und irgendwann hoffentlich auch Dresden. Mit einem neuen Stück wollten wir nach dem erfolgreichen Auftakt 2015 in Pilsen als Beiträger und Gratulanten auch zu unseren Schulpartnern nach Breslau fahren. Ein Breslauer Stück wurde gesucht.
Ein Trauerspiel in Berlin.
Die Brüder Gerhart und Carl Hauptmann boten sich an. Bei Nobelpreisträger Gerhart fand sich folgender Satz: „Ich war gerührt, als ich einen Jungen, der auf einem Lattenzaune saß, immer wieder sagen hörte: ‚Das ist der größte deutsche Dichter gewesen! Das ist der größte deutsche Dichter gewesen!‘ wiederholte er, unter eigener Rührung lehrhaft umherblickend.“ Gemeint war Karl von Holtei: einer der Theatermänner des 19. Jahrhunderts. Seine Stücke sind nur noch Spezialisten bekannt. Eines ist eine Art Ur-Woyzeck. Ein paar Blicke hinein: Das war’s!
„Herr Criminal, der Mensch hat mich verführt, ein Kind aus dem Hause zu stehlen. Dafür hat er mit mir wollen halb Part machen von seinem Diebstahl aus der Chatoulle. Hernach aber hat er mich wollen austricksen, und wie ich ihn packte – denn ich bin viel stärker als er, – und wollte mir zu mein gutes Recht verhelfen, da war die Chatoulle weg und er dachte: er käme so davon. Aber ne! Ich hab' es mir geschworen, krieg' ich nicht meine Hälfte, so geb' ich ihn an. Hier ist er! Und ich bitte nu um meine Belohnung und Prämie, daß ich so'n gefährlichen Dieb anzeigen thue.“ – NANTE den August am Kragen haltend. (Nante, das Berliner Original, wurde von Holtei für dieses Stück erfunden.)
Die große Politik wollte nicht, wie wir wollten. Also kamen die Breslauer zu uns. Das „Trauerspiel“ fand ausschließlich im VITZ statt – und es war keins: ein Familien-, Sozial- und Kriminaldrama war es – und mit ein paar Verfremdungsbrechern wurde es das, was der Grundton des Textes schon ahnen ließ: eine tolle Komödie! Zur Rahmengestaltung und zur Verstärkung der Kriminalthematik wurde eine Pantomime-Truppe unter der Leitung von Ralf Herzog und Arne König formiert. In der Pause mischte die Schulband mit Berliner Gassenhauern das Publikum auf.
Was für eine Vielfalt an Typen: ein guter alter Kautz mit Walking-Ambition, ein schwacher Ehetrottel mit gutem Kern, seine dominant-hinterhältige Gemahlin (das versehentliche Mordopfer), eine putzsüchtige Kammerkatze, ein Diener mit Langfingererfahrung, ein bigott-schmieriger Kinderräuber, ein schleimender Hausfreund und Gattin-Liebhaber, der Unterschicht-Mörder aus Eifersucht, vielgesichtiges Polizeipersonal, die Dienstmagd Dörte – die Hauptfigur, ein randberliner Mädel mit großem Herzen, nicht zuletzt aber das im Slang palavernde Kleinganovenpaar Mine und Nante.